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Presse
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Pressemeldung des Umweltministeriums 03.06.2015
Das Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz teilt mit:
Umweltminister Johannes Remmel hat vor einer weiteren Verschlechterung der Gewässer in Nordrhein-Westfalen gewarnt. „NRW ist ein Wasserland. Auf einer Länge von mehr als 50.000 Kilometern durchziehen Flüsse und Bäche unser Land. Sie sind die Lebensadern Nordrhein-Westfalens und als Garanten für die biologische Vielfalt unverzichtbar“, sagte Minister Remmel zum Auftakt seiner diesjährigen Sommertour, die sich mit dem Thema „Lebendige Gewässer“ beschäftigt und einen Fokus auf die Situation dieser Lebensräume und der dortigen Artenvielfalt legt. „Aber es zeigt sich, dass die menschlichen Eingriffe der Vergangenheit in Form von Begradigungen und die Belastung der Flüsse mit Abwässern oder anderen Substanzen diesen wertvollen Lebensraum massiv belastet haben.“
Rund 60 Prozent der Gewässer in NRW sind erheblich verändert oder künstlich angelegt. Nur noch etwa sechs Prozent der Flüsse und Seen verfügen nach Untersuchungen des Landesumweltamtes (LANUV) über ein intaktes Öko-System – mit entsprechenden Folgen für die Tier- und Pflanzenarten in und an den Gewässern. Von 51 heimischen Fischarten sind 16 akut bedroht oder bereits ausgestorben, weitere sechs stehen auf der Vorwarnliste.
„Unsere Gewässer verbinden Städte und Dörfer, prägen unser Landschaftsbild, sind Erlebnisräume, Trinkwasserreservoire und bedeutende Lebens- und Entwicklungsadern für unsere faszinierende Artenvielfalt. Sie sind ein reichhaltiger Schatz, den wir bewahren und schützen müssen. Wir brauchen mehr lebendige Gewässer und die Landesregierung setzt genau hier an“, sagte Minister Remmel.
Die Gefährdungskategorien der Fischarten im Einzelnen:
Ausgestorben oder verschollen
Finte, Maifisch, Stint, Stör
Vom Aussterben bedroht
Meerneunauge, Schlammpeitzger und Nordsee-Schnäpel
Stark gefährdet oder gefährdet
Aal, Lachs, Quappe und Schneider, Äsche, Flussneunauge und Steinbeißer
Gefährdung unbekannten Ausmaßes oder durch extreme Seltenheit
Flunder, Kleine Maräne
Auf der Vorwarnliste stehen Bitterling, Brassen, Hecht, Nase, Rotfeder, Ukelei.
Wie sich die Veränderungen an den nordrhein-westfälischen Flüssen auswirken, zeigt sich insbesondere an den Wanderfischen wie Lachs, Stör, Nordseeschnäpel oder Maifisch. Viele dieser Wanderfische waren ausgestorben oder nur noch in Restbeständen vorhanden. Zur Wiederansiedlung wurde im Jahr 1998 das NRW-Wanderfischprogramm gestartet mit dem Ziel, einstmals ausgestorbene oder verschollene heimische Fischarten wieder in die Gewässer Nordrhein-Westfalens zu bringen oder deren Bestand zu erhalten. „Mit dem Programm haben wir gezeigt, dass ein ambitionierter Naturschutz wirkt. Mit dem Maifisch und dem Lachs sind zwei einstmals heimische Fischarten nach Jahrzehnten wieder in unsere Flüsse zurückgekehrt, die wegen Überfischung und der schlechten Gewässerqualität schon ausgestorben waren“, sagte Minister Remmel, der in Köln-Poll junge Maifische im Rhein aussetzte.
Noch zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts war der Maifisch in NRW weit verbreitet. Obwohl der Bestand zu dieser Zeit schon geschwächt war, stiegen noch hunderttausende der schmackhaften Fische den Rhein und seine größeren Zuflüsse hinauf, insbesondere entlang des Rheins. Die immer intensiver betriebene Fischerei, verbunden mit der Zerstörung der natürlichen Lebensräume durch die Begradigung des Rheins, die Errichtung von Wanderhindernissen und eine sich verschlechternde Wasserqualität, ließen die ehemalige Massenfischart binnen weniger Dekaden im Rhein aussterben.
In Köln-Poll hatte der Maifischfang eine besonders lange Tradition, die auch heute noch sichtbar ist. Der Bürgerverein „Poller Maigeloog“ und die Maifischgasse erinnern an den Fang der Maifische am Kölner Rheinufer. In Köln wurde der Maifisch auch als „Löhrgasser Salm“ bezeichnet. Die Löhrgasse in der Kölner Altstadt, die heute Agrippastraße heißt, war früher für ihre vielen Arbeiterkneipen berühmt und berüchtigt. Der Maifisch, der zu Tausenden den Rhein hinaufzog, war folglich der „Lachs der armen Leute“.
Wanderfischprogramm erfolgreich – Kooperation mit Hessen
Im Jahr 2014 kehrten erstmals seit dem Zusammenbruch der Maifischbestände in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts wieder hunderte der bis zu drei Kilogramm schweren Fische in den Rhein und seine Nebenflüsse zurück. Das Projekt zur Wiederansiedlung läuft seit 2007. 10,8 Millionen junge Maifische sind in dieser Zeit eingesetzt worden. „Die vielen Jahre der Arbeit machen sich jetzt endlich bezahlt, denn am Oberrhein pflanzen sich die Maifische bereits natürlich fort. Das ist ein großer Erfolg für den Artenschutz und ein sehr erfreuliches Beispiel für eine gelungene Kooperation über Länder- und selbst über Staatengrenzen hinweg. Der Erhalt der biologischen Vielfalt ist eine Aufgabe der wir uns alle gemeinsam stellen müssen“, sagte die Staatssekretärin im hessischen Umweltministerium, Beatrix Tappeser, die zusammen mit Minister Remmel an der Maifisch-Veranstaltung in Köln teilnahm. Das Wiederansiedlungsprojekt, bei dem Nordrhein-Westfalen die Federführung hat, wird von der Europäischen Union finanziell gefördert. Neben Nordrhein-Westfalen und Hessen sind auch die Niederlande und Frankreich an dem Life+-Projekt beteiligt. Die jungen Maifische für die Besatzmaßnahme stammen aus den Flüssen Garonne und Dordogne, die durch Hessens französischer Partnerregion Aquitaine fließen. Der heringsartige Maifisch wird 50 bis 70 Zentimeter lang und bis zu drei Kilogramm schwer. Er verbringt den größten Teil seines Lebens im Meer. Wie der Lachs kommt der Maifisch einmal in seinem Leben vom Meer zurück in die Flüsse um abzulaichen.
Nordrhein-Westfalen ist das Rheinanliegerland, in dem die meisten zurückkehrenden Lachse gezählt werden. Jeden Herbst steigen hunderte Lachse die Flüsse herauf, um hier abzulaichen. Seit dem Beginn der Wiederansiedlungsbemühungen wurden mehrere tausend Lachs-Rückkehrer nachgewiesen. In Teileinzugsgebieten der Sieg gibt es bereits eine Naturvermehrung wie in natürlichen Lachsflüssen.
Erfolge gibt es auch bei der Wiederansiedlung des Nordseeschnäpels. Der einstmals in NRW ausgestorbene Wanderfisch aus der Familie der Lachse pflanzt sich bereits seit 2006 ohne künstliche Aussetzung von Jungtieren im Rheindelta am Niederrhein fort. Zwischen 1996 und 2006 wurden regelmäßig junge Nordseeschnäpel am unteren Niederrhein ausgesetzt.
„Eine dauerhafte Wiederansiedlung der Wanderfische kann allerdings nur gelingen, wenn auch die Maßnahmen der EU-Wasserrahmenrichtlinie zur Verbesserung der Lebensräume und Wanderstrecken konsequent umgesetzt werden. Unser Ziel sind lebendige Gewässer. Deshalb haben wir die Weichen dafür gestellt“, sagte Minister Remmel mit Blick auf die Fortsetzung des Wanderfischprogramms bis 2020.
Neben den gefährdeten Fischarten sind in den heimischen Gewässern weitere Tierarten akut bedroht, etwa auch der Edelkrebs oder die Flussperlmuschel. Der Edelkrebs zählte früher in nahezu allen Gewässern in Nordrhein-Westfalen zum natürlichen Arteninventar. Infolge der Einschleppung der Krebspest durch die nicht heimischen amerikanischen Flusskrebse wurden die Bestände fast ausgelöscht. Heute existieren landesweit nur noch etwa 100 Fundorte. Noch seltener ist die Flussperlmuschel, die nur noch in der Eifel an einem Standort existiert. Von dieser Population wurden 2006/2007 Jungmuscheln gewonnen, die derzeit weiter aufgezogen werden. Aufgrund der komplizierten Vermehrungsstrategie der Perlmuschel gestalten sich bestandserhaltende Maßnahmen für die Art eher aufwändig und kompliziert.
Weitere Informationen
KSTA 04./5. Juni 2015
10 000 Maifische ausgesetzt
UMWELT Larven aus Frankreich, ausgewachsener Fisch aus Portugal und Besuch aus Düsseldorf
VON RENATE HOFMANN
Die Hauptdarsteller kamen von weit her: 10 000 Maifischlarven, vielleicht einen Zentimeter groß und nahezu durchsichtig, waren aus Südfrankreich nach Poll transportiert worden, um im Rhein ausgesetzt zu werden. Ein ausgewachsenes Exemplar war gar aus Portugal eingeflogen worden. Aber auch viele der Besucher, die sich unterhalb der Rodenkirchener Brücke einfanden, hatten deutliche Anfahrtswege hinter sich. Aus Düsseldorf etwa kam Umwelt-Minister Johannes Remmel, und aus Wiesbaden war Beatrix Tappeser angereist, Staatssekretärin im hessischen Umwelt-Ministerium. Eingefunden hatten sie alle sich in Poll, um die Wiederansiedlung des Maifisches zu fördern.
Überfischung und Verschmutzung
Denn der Fisch, der noch vor rund 100 Jahren hunderttausendfach im Rhein vorkam und den Fischern im Frühjahr das Einkommen sicherte, verschwand durch Überfischung und Wasser-Verschmutzung im Laufe der Zeit völlig. Doch seit 2008 gibt es Bemühungen, im Rahmen eines EU-Projekts den wohlschmeckenden Wanderfisch wieder anzusiedeln. Dafür wurden seitdem jährlich bis zu zwei Millionen Larven ausgesetzt. Die große Zahl soll die sehr geringe Überlebensrate von nur 0.4 Prozent kompensieren. Im vergangenen Jahr kam erstmals eine größere Menge der Fische zum Laichen zurück. Rund 360 Exemplare wurden gezählt - weil sie angeschwemmt, gefangen oder an Fischtreppen von Kameras aufgenommen wurden. Bis es aber so sein wird wie vor 100 Jahren, als das Geplantsche der Fische beim Laichen auf den flachen Kiesbänken die Poller Hausfrauen auf den Plan rief, die mit dem Wäschezubern die nächsten Mahlzeiten aus dem Rhein zogen, wird es wohl noch eine Weile dauern.
Um zu verdeutlichen, wie stattlich die Fische werden können, hatte sich Hans Burgwinkel, Vorsitzender des Poller Maigeloogs, ein fast drei Kilogramm schweres Exemplar aus Portugal schicken lassen. Der Traditionsverein setzte bei der Veranstaltung sein Maispiel fort, das sich über Wochen hinzieht und mit dem Ertränken des Zacheies endet - einer Stoffpuppe, der ähnlich dem Nubbel alle Sünden überantwortet und damit im Rhein ertränkt werden.
Kölnische Rundschau 04./05. Juni 2015
Bedrohte Heringsart Maifisch auf die Sprünge geholfen
Erstellt 03.06.2015
NRW Umweltminister Johannes Remmel setzt gemeinsam mit Kölner Kindern junge Maifische im Rhein bei Köln Poll aus. Foto: Thilo SchmŸlgen
Die extreme Verschmutzung der Flüsse haben dem Maifisch übel zugesetzt - er gilt in Deutschland als ausgestorben. Um das zu ändern haben Kölner Grundschüler jetzt Jungtiere der bedrohten Heringsart im Rhein ausgesetzt.
Er ist sehr schmackhaft. Aber das alleine hätte der Maifisch wohl noch überlebt. Was der heringsartige Wanderfisch aber nicht mehr verkraften konnte, war die extreme Verschmutzung der Flüsse im vergangenen Jahrhundert. Der Maifisch gilt in Deutschland als ausgestorben. Um das zu ändern hat das Land Nordrhein-Westfalen ein Wanderfischprogramm aufgelegt, in Kooperation mit dem Land Hessen und gefördert von der EU. Im Rahmen des Programms werden seit 2007 jedes Jahr junge Maifische in Flüssen ausgesetzt – einmal in Hessen, einmal in NRW. Dieses Mal traten die Jungfische ihren Weg ins Meer von Köln aus an. Ausgesetzt von Grundschülern der Domstadt, im Beisein von NRW-Umweltminister Johannes Remmel und der Staatssekretärin im Hessischen Umweltministerium, Beatrix Trappeser.
Maifische kehren in den Rhein zurück
Als die Jungfische in Köln ausgesetzt wurden, hatten sie schon einen langen Weg hinter sich. Gefangen wurden sie nämlich in Frankreich. Zwar schrumpfen auch dort ihre Bestände zusehends. Aber es gibt sie da immerhin noch. Und wenn sie von Köln aus ihren Weg machen, dann werden sie in fünf Jahren wiederkommen, dann allerdings bis zu 70 Zentimeter lang und bis zu drei Kilogramm schwer. In der Zwischenzeit hat der Fisch den größten Teil seines Lebens im Meer verbracht. In die Flüsse kehrt er nur zurück, um zu laichen, vor allem im Mai.
Rund elf Millionen junge Maifische sind in den vergangenen acht Jahren ausgesetzt worden. Die Bestände haben sich dadurch leicht erholt. Immerhin werden an Beobachtungsposten immer mal wieder Maifische entdeckt. Jedoch reicht das noch längst nicht aus, damit der Bestand ohne menschliche Hilfe sich ausdehnen kann. (ngo)
BILD-Zeitung vom 05.Juni 2015
Köln Wochenspiegel Mi. 10.06.2015
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