Die französischen Maifischexperten Sylvie Boyer-Bernard (MIGADO), David Clavé (MIGADO) und Philippe Jatteau (CEMAGREF) besichtigen die Zuchtanlage in Aßlar (Foto A. Scharbert)
Bilder des Rheinischen Fischereiverbandes von 1880, Ewald Braun
http://www.rheinischer-fischereiverband.de/index.php?id=220
Riedstadt (Kreis Groß-Gerau) 20.06.2011 - Maifischbesatz des EU-Life+ Projektes zur Wiederansiedlung des Maifischs im Rheinsystem
Hessens Umweltministerin Lucia Puttrich, der französische Generalkonsul Pierre Lanapats und Dr. Martin Woike vom Umweltministerium Nordrhein-Westfalen setzen im Europareservat der Kühkopf-Knoblochsaue symbolisch Maifischlarven in den Rhein.
Pressebericht ECHO-ONLINE
http://www.echo-online.de/region/gross-gerau/riedstadt/Aus-dem-Messbecher-in-den-Altrhein;art1259,1938741
Aus dem Messbecher in den Altrhein
Natur: Hessische Umweltministerin Lucia Puttrich kommt zu Wiederansiedlung des Maifischs in die Knoblochsaue
„Eßt Maifisch“, hieß es Anfang des vergangenen Jahrhunderts noch in Zeitungsannoncen und auf Werbeschildern von Gasthäusern entlang des Rheins. Für Berufsfischer war der heringsartig Wanderfisch unverzichtbare Einnahmequelle. Sie zogen jedes Jahr mehrere hunderttausend dieser etwa 50 bis 70 Zentimeter großen, bis zu drei Kilogramm schweren, ähnlich wie eine Makrele schmeckenden Tiere aus dem Fluss, wenn diese zum Laichen aus dem Meer dorthin zurückkehrten.
Doch seit den vierziger Jahren ist die einst häufigste Fischart des 20. Jahrhunderts aus dem Rhein und anderen deutschen Flüssen verschwunden. Überfischung und Wasserverschmutzung haben dazu beigetragen, dass die Population zusammengebrochen ist. Seit einigen Jahren läuft nun auf europäischer Ebene ein Projekt, um den Maifisch wieder in Deutschlands größtem Fluss anzusiedeln, nachdem sich dessen Wasserqualität inzwischen auf die Qualität der Zeit um 1900 verbessert hat.
Der Maifisch
Der Maifisch oder die Alse (auch Alose) gehört zu den Heringsartigen (Clupeiformes). Er ist ein anadromer Wanderfisch, der vergleichbar dem Lachs im Frühjahr zum Laichen aus dem Meer in die Mittel- und Oberläufe größerer Flüsse hinauf wandert. Der Maifisch war 2004 Fisch des Jahres. Er wird im Mittel 30 bis 50 Zentimeter lang, maximal kann er eine Länge von 80 Zentimetern und ein Gewicht von drei Kilogramm erreichen. Mit drei bis sechs Jahren wird der Maifisch geschlechtsreif. Hauptnahrung ist Zooplankton.
In Watstiefeln standen deshalb am Montagnachmittag Hessens Umweltministerin Lucia Puttrich (CDU), Martin Woike vom nordrhein-westfälischen Umweltministerium und der französische Generalkonsul Pierre Lanapats auf der Knoblochsaue am Einlauf des Krönckesarms des Erfelder Altrheins. Sie schütteten bei einer symbolischen Aktion beim vierten Maifischbesatzes aus großen Messbechern einige hundert der an Kaulquappen erinnernde Larven dieses Wanderfischs in den Fluss.
Die wenigen Wochen alten Fische stammen aus der Garonne und der Dordogne in Hessens südfranzösischer Partnerregion Aquitaine. Die relativ zarten Tiere ernähren sich von Plankton. Deshalb werden sie nach den Worten des promovierten Biologen Jörg Schneider vom Büro für fischökologische Studien in Seitengewässern wie dem Erfelder Altrheinarm ausgesetzt – am besten ein gutes Stück vom Ufer entfernt, um die Fischchen vor im Uferbereich lauernden kleinen Räubern zu schützen.
Maifischlarven setzte am Montagnachmittag die hessische Umweltministerin Lucia Puttrich (Mitte) zusammen mit dem französischen Generalkonsul Pierre Lanapats (links) und Martin Woike vom nordheinwestfälischen Umweltministerium (rechts) in den Altrhein nahe der Rheinmündung in der Knoblochsaue. Foto: Robert Heiler
Insgesamt sind seit Beginn der Wiederansiedlungsaktion in einem von der Europäischen Union unterstützten Projekt bereits rund 7,5 Millionen Exemplare der heringsartigen Fischart im Rhein ausgesetzt worden. Rund eine halbe Million soll bei der derzeit laufenden Besatzaktion im Bereich des Naturschutzgebiets Kühkopf-Knoblochsaue und in der Nähe von Trebur folgen.
„Wir wollen, dass Maifisch wieder in den Rhein einwandern und eine gesunde Population bilden, die in der Zukunft ohne begleitende Besatzmaßnahmen auskommt“, begründete Umweltministerin Lucia Puttrich die Maßnahme, an der neben Nordrhein-Westfalen unter anderem auch Frankreich und die Niederlande beteiligt sind. Nach ihren Worten wird es zehn bis 15 Jahre dauern, bis sich eine selbsttragende Population entwickelt hat. Ein Anstieg der Rückkehrerzahlen der bisher ausgesetzten Maifischlarven wird von Experten ab 2013 erwartet.
Von einem wichtigen, glücklichen Tag für die deutsche, europäische sowie hessisch-aquitanische Zusammenarbeit sprach der französische Generalkonsul Pierre Lanapats. Die Wiederansiedlung des Maifischs bezeichnete er mit Blick auf den Rhein, der Deutschland und Frankreich mehr verbinde als trenne, von „einer schönen deutsch-französischen Geschichte“.
Was bisher gelungen ist, war nur aufgrund der intensiven Zusammenarbeit der verschiedenen Beteiligten möglich, betonte Martin Woike vom nordrhein-westfälischen Umweltministerium. Weil der Maifisch ein Wanderfisch sei, genüge es nicht nur die Qualität der Flüsse zu verbessern, stellte der promovierte Biologe fest.
Zudem wird das bisherige, mit dem European Champions Regional Award prämierte Projekt fortgesetzt mit dem sogenannte EU-Live-Plus-Projekt: Eine Doppelstrategie, stellten Woike und Andreas Scharpert, promovierter Biologe beim Rheinischen Fischereiverband, fest. Denn nun stehe nicht mehr nur die Wiederansiedlung des Maifischs im Rhein im Mittelpunkt, sondern auch dessen Erhalt in Aquitaine. Dort gebe es seit 2006 aus ungeklärter Ursache einen erheblichen Einbruch der Population. In diesem Zusammenhang räumte Scharpert ein, dass der Maifisch eine Art sei, „über die wir so gut wie nichts wissen“.
Von der Entnahme der Brut aus der Natur wollen die Maifischansiedler im Übrigen relativ bald unabhängig werden. Derzeit – informierte Andreas Scharpert – entstehe im hessischen Aßlar eine sogenannte Elternfischhaltung. In dem ambitionierten Projekt soll der Weg von der im Süßwasser aufwachsenden Larve zum geschlechtsreifen im Meerwasser lebenden Fisch simuliert werden.
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