Poll. Große Aufregung am Rheinufer: Poller Schulkinder durften hier Maifischlarven aus der französischen Region Aquitaine in die Freiheit entlassen. Das länderübergreifende Projekt wird von Frankreich, der Niederlande und der Schweiz, den Bundesländern Hessen und Rheinland-Pfalz, sowie vom Landesfischereiverband Baden-Württemberg, von der Rheinfischereigenossenschaft NRW, der Bezirksregierung Düsseldorf und dem Verband Hessischer Fischer getragen.Wo schlafen eigentlich die Flusskrebse? Wie funktioniert der Lebenszyklus des Maifischs, und wie groß wird er? Diese und viele andere Fragen stellten Kinder und erwachsene Besucher vor Ort. So waren zum Beispiel drei Tagesmütter mit ihren Kids im Kindergartenalter zu Besuch gekommen. „Wir haben von der Aktion gehört und sind begeistert“, strahlte Jessica Spix, eine der drei Mütter aus Poll. Auch einige Klassen der Poller Grundschule waren gekommen: „Unsere Klasse hat sich gerade mit ’Poll früher und heute’ beschäftigt. Da passt die Historie der Rheinfischer und der dazugehörigen Maifische ganz besonders gut“, erläuterte Lehrerin Rita Schmitz.Antworten erhielten die Kinder unter anderem von Andrea Herkenhöner und Christian Starkloff, die beide zum Projekt „Finne“ gehören: Die landesweite Umweltbildungsinitiative der Fischereiverbände wird vom Umweltministerium gefördert. In einem „blauen Klassenzimmer“ gibt es eigene Workshops, in denen Wissen rund um die heimischen Gewässer vermittelt wird – und dieses Wissen war ebenfalls ein Schwerpunkt bei der großangelegten Maifisch-Besatzaktion.Auch zahlreiche Politiker waren ans Rheinufer gekommen: NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser hielt eine Rede, einige Landtagsabgeordnete begleiteten das Event.„Obermaifisch Hans Burgwinkel“ wurde von Reiner Gube vom Rheinischen Fischereiverband begrüßt, auch Bürgermeisterin Elfi Scho-Antwerpes war zugegen. Nachdem alle begrüßt worden waren, wurden Politiker, Naturfreunde und vor allem die vielen Kinder aktiv: Gummistiefel wurden angezogen, gemeinsam marschierten alle an das Ufer, um dort die Fischlarven auszusetzen.Für die Poller Grundschüler war der Tag ohnehin aufregend, doch zusätzlich bekamen sie von Ministerin Heinen-Esser noch eine Urkunde. Denn die Schüler hatten eine „Maifisch-Patenschaft“ übernommen und zeigten sich insofern als echte Maifisch-Profis: „Der Fisch wäre fast ausgestorben, aber jetzt gibt es ihn wieder“, wussten sie stolz zu berichten.Fische wieder gern im Rhein „Wir haben wirklich viel erreicht. Schwimmen sollte man aufgrund der Gefahr des Ertrinkens sicher nicht im Rhein. Aber das Wasser ist von der Qualität her eben so gut, dass die Fische sich offensichtlich wohl fühlen“, zeigte sich auch die Ministerin zufrieden. Sie dankte vor allem Hans Burgwinkel, der ein unermüdliches persönliches Engagement zeige. „Das Mai-Spill besteht in diesem Jahr aus Maibaum-Schlagen, Mai-Umzug, Mai-Spiel, Mai-Fest, Baum-Niederlegung sowie dem Maifisch-Besatz“, erklärte Hans Burgwinkel, Reihmeister des Poller Maigeloogs.Die ursprüngliche Idee für die Wiedereinbürgerung des Maifischs in den Rhein war in der Tat in Poll aufgekommen, auch wenn das Projekt längst den Kinderschuhen entwachsen ist. Walter Solbach, damals Vorsitzender des Rheinischen Fischereiverbands von 1880, war 2003 mit den Gesellschaftern der frisch gegründeten HIT-Umweltstiftung der Firma Dohle, Klaus und Ralph Dohle ins Gespräch gekommen. Solbach schlug den Maifisch als Förderprojekt vor. Dies traf sich gut, da das Maigeloog schon in den Jahren zuvor immer wieder auf den historisch bedeutsamen Fisch hingewiesen hatte.Der Maifisch war vor rund 100 Jahren hier im Veedel der „Brotfisch“ der ansässigen Fischer. „Heute sind 14 Millionen Maifischlarven zurück im Rhein und sie steigen 700 Kilometer von der Mündung bis in den Oberlauf“, betonte sichtbar zufrieden Johannes Nüsse, Präsident des Fischereiverbands Nordrhein-Westfalens.
Gelungene Wiederansiedlung
Über 10 Millionen französische Maifisch-Larven wurden in den vergangenen Jahren im Rhein ausgesetzt, zum Beispiel 2010, 2013 und 2015 in Poll.Im Jahr 2010 konnten erstmals abwandernde Jungfische am Niederrhein und ab 2014 erwachsene Rückkehrer in Rhein, Mosel, Main und Neckar beobachtet werden. 2015 wurden einige Jungfische im Oberrhein gesichtet, auch hat man ein Laichgebiet mit Hunderten von Maifischen entdeckt.Maifische leben in europäischen Küstengewässern und erreichen eine Größe von bis zu 70 Zentimetern. In den Frühjahrsmonaten wandern sie zum Laichen die Flüsse hinauf. Dort pflanzen sie sich nachts in durchströmten Strecken mit kiesigem Untergrund fort. Vor 100 Jahren stiegen Maifische noch in großen Schwärmen den Rhein bis weit jenseits von Basel hinauf. Sie wurden häufig im Frühjahr in Rheinzuflüssen gefangen und bildeten eine wichtige Lebensgrundlage für Berufsfischer. (jtb)